Ein Bayer im Norden: Quirin Kraus im Interview

Ein Bayer im NordenQuirin Kraus im Interview

Quirin Kraus ist polarisierend, kreativ, ehrgeizig - WINDSURFERS hat den sympathischen Freestyler zum Interview gebeten.

von Mathias Genkel
Bad Heilbrunn ist ein idyllischer Ort im bayerischen Oberland. Kühe grasen auf den Weiden. Der Klang ihrer Glocken hallt im Tal. Windsurfen scheint hier sehr weit weg. Das ist es aber gar nicht! Mit Kochel-, Walchen-, und Starnbergersee in unmittelbarer Nähe, findet man Spots für die unterschiedlichen Windrichtungen und Wetterlagen. Hier ist Quirin Kraus aufgewachsen. Doch was hat den Ur-Bayern nach Kiel verschlagen und zu so einem guten Freestyle-Windsurfer werden lassen? Wo sieht sich der 26-jährige in der Zukunft? WINDSURFERS hat den Mann mit dem interessanten Lebenslauf zum Interview gebeten.

Hallo Quirin. Vielen Dank, dass du dir Zeit für dieses Interview nimmst. Was machst du gerade so in diesen kalten Januartagen in Norddeutschland?
Ich arbeite im Moment sehr viel und als Ausgleich spiele ich Counter Strike, ein Gewalt verherrlichendes Spiel (lacht). Ab und zu gehe ich aber auch joggen!

Deine Arbeit, Computerspiele und Sport ergänzen sich also?
Videospiele sind nicht der perfekte Ausgleich, da ich während meines Jobs auch viel am Bildschirm sitze. Allerdings ziehe ich bald aufs Land und ich hoffe, dass dort Mistgabel, Axt und Rasentraktor ein gutes Ventil zum Stressabbau bieten. Denn die Arbeit an der frischen Luft wirkt auf mich fast schon meditativ - gerade auch der Benzingeruch und der Sound des Zweitakters der Motorsäge (lacht).

Wenn du aufs Land ziehst, hast du dort auch Surfmöglichkeiten?
Tatsächlich ziehen wir an einen sehr schönen See im Herzen der Schleswig-Holsteiner Schweiz. Meine selbstständige Tätigkeit ermöglicht es mir flexibel zu sein, was das Windsurfen betrifft. Mein neues Zuhause liegt auch bezüglich der besseren Ostseespots relativ zentral.
Ein Bayer im Norden: Quirin Kraus im Interview
Ein Bayer im Norden: Quirin Kraus im Interview
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Welches sind denn die besseren Spots und warum?
Heiligenhafen für Freestyle-Wave: Hier kann man entspannt Parken, es herrscht eine angenehme Atmosphäre an Land und es laufen nicht zu krasse, geordnete Wellen. Dahmeshöved ist aber mein Lieblingsspot an der Ostsee, obwohl sich die Parksituation dort deutlich verschlechtert hat. Die Parkwiese darf nicht mehr benutzt werden. Es ist jetzt ein größerer Aufwand an den Spot zu kommen. Und dann gibt es noch Lemkenhafen. Das ist für Freestyle auch echt gut. Das Wasser ist ziemlich glatt und man kann überall stehen. Einzig die Finnen leiden unter dem niedrigen Wasserstand. Nach dem Surfen gibt es dann noch eine Fischstulle aus der Aal-Kate. Das ist dann die perfekte Stärkung für den Rückweg.

Wo du Schleswig-Holsteiner Schweiz sagst, fällt mir ein, dass du auch einen Schweizer Pass besitzt. Wie kommt es dazu?
Die Schweiz ist ein Teil der Heimat der Familie meiner Mutter. Allerdings bin ich dort nicht aufgewachsen, habe aber einige schöne Momente am Walensee in der Ostschweiz verbracht. Ich bin auch Schweizer Staatsbürger, weil meine Mutter die doppelte Staatsbürgerschaft inne hält. Ich habe wohl auch deshalb eine gewisse Vorliebe für guten Käse.

Was ist deine Lieblingskäsesorte und welche weiteren Charaktereigenschaften, die typisch schweizerisch sind, hast du?
Ich liebe Gruyère!

Ich auch! Was für ein Zufall!
Schweizer Schokolade mag ich natürlich auch!

Bist du von der Mentalität her auch ein typischer Schweizer?
Ich bin vielleicht auch sehr neutral.

Hat dir diese Eigenschaft schon weiter geholfen?
Ich bin ein sehr verträglicher, harmoniebedürftiger Mensch. Allerdings zweifle ich an, dass dies allein durch die Herkunft determiniert wird.
Ein Bayer im Norden: Quirin Kraus im Interview
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Ein Bayer im Norden: Quirin Kraus im Interview
Du lebst nun auch seit mittlerweile siebeneinhalb Jahren in Kiel. Wie fühlst du dich als eher süddeutsch, schweizerisch geprägter Mensch im „echten Norden“?
Meine Herkunft ist mir tatsächlich nicht so wichtig und ich identifiziere mich nicht wirklich mit der bayerischen Kultur. Allerdings fühle ich mich hier im echten Norden sehr wohl. Gerade die Nähe zum Meer mit dem atemberaubenden Wattenmeer ist für mich ein Highlight. Ich habe dort schon etliche wilde Robben gesehen und freue mich jedes Mal darüber! Von meiner Mentalität her würde ich mich selbst als Norddeutschen geboren in Lederhosen beschreiben, aber ob das der echte Norddeutsche auch so sieht weiß ich nicht (lacht).

Das habe ich anders in Erinnerung. Als ich dich vor mittlerweile 9 Jahren getroffen habe, bist du durchaus gerne auf Volksfeste gegangen und hast dann auch Tracht getragen und sogar Dialekt gesprochen.
Den bayerischen Dialekt habe ich nie wirklich gesprochen. Mit dir habe ich allerdings versucht, besonders gut hochdeutsch zu sprechen. Die bayerische Kultur als Kunstform finde ich sehr ansprechend. Ich liebe bayerische Kabaretts wie Günther Grünwald und Gerald Polt, aber auch Blasmusik, die ich gerade auch in letzter Zeit wieder entdeckt habe.

Das kann ich gut verstehen. Ich erinnere mich selbst daran, dass ich während meines Referendariats in Bayern gerne mit Bayern 1 und traditioneller Blasmusik auf der A95 Richtung Garmisch und Alpen gefahren bin. Das hat irgendwie gepasst.
Im „echten“ Leben finde ich dieses „Mia san mia“ allerdings nicht so ansprechend. So habe ich mich beispielsweise sehr für Holstein Kiel gefreut, als sie jetzt gegen Bayern München gewonnen haben.

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