Pleite trotz PWA: Amanda Beenen im Interview

Pleite trotz PWAAmanda Beenen im Interview

von Lars Niggemeyer
Würdest du sagen, dass Frauen der Einstieg ins Windsurfen besonders schwierig gemacht wird? Wieso glaubst du windsurfen so verdammt wenig Frauen im Gegensatz zu Männern?
Oh man, du hast gerade die Büchse der Pandora geöffnet! Es gibt eine Menge Gründe, wieso deutlich weniger Frauen windsurfen. Zuerst ist es kein leichter Sport, es ist schwer damit anzufangen und noch schwerer Fortschritte zu machen. Man muss eine Menge Material mit sich herumschleppen. Und seien wir mal ehrlich: Warum tausende Euro in Material investieren, um dann mit superschwerem Kram tausende Stunden auf dem Wasser und am Strand zu verbringen, wenn man sich auch einfach einen Kite und ein Board kaufen kann, sich das ganze auf den Rücken schnallt und in einer Woche Kitesurfen lernen kann? Wenn ein Mädchen mit Windsurfen anfangen will, braucht es viel Motivation und Willenskraft. Außerdem muss man auch mit Jungs gut zurechtkommen, beim Windsurfen trifft man kaum Mädels. Wenn man dann auf der Worldtour mitfahren will, sollte man sich darauf einstellen, genau null finanziellen Support zu bekommen. Ich weiß, ich klinge wie ein absoluter Spaßverderber, aber das ist einfach die Realität von Frauen im Windsurfen. Versteh' mich nicht falsch, ich weiß, dass der Sport Probleme hat und, dass die Budgets knapp sind. Ich habe auch gehört, dass die Jungs jetzt weniger verdienen, aber ich verstehe einfach nicht, wieso fast alle der Mädels auf der Tour jedes Jahr die Antwort "Sorry we have no budget." hören müssen.
Pleite trotz PWA: Amanda Beenen im Interview
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Weißt du denn überhaupt, was die anderen Fahrerinnen verdienen?
In den ersten Jahren, in denen ich auf Tour war, sprach keine der Fahrerinnen mit den anderen über die Unterstützung, die sie bekommen. Es war tabu darüber zu sprechen, was man bekommt und was man nicht bekommt. Ich habe dann automatisch angenommen: Ich bin die einzige mit einem beschissenen Deal, weil ich nicht vermarktungsfähig bin. Ich windsurfe nicht gut genug, ich bin im Contest zu schlecht, ich mache zu wenig mit den Medien und ich sehe vielleicht auch einfach nicht so aus, wie ich sollte." Aber dann vor einem Jahr oder so kamen alle Fahrerinnen aus den unterschiedlichen Disziplinen zusammen und wir haben über unsere Situation gesprochen. 90% der Mädels bekommen kein Geld von ihren Windsurf-Marken! Die meisten nicht einmal einen finanziellen Anreiz, etwas mit den Magazinen zu machen. Es gibt sogar Fahrerinnen auf der Tour, die immer noch für ihr Material bezahlen - und wir reden hier nicht von Newcomern!

Kannst du von dem Job "Profi-Windsurferin" leben?
Darauf kann ich dir eine sehr, sehr kurze Antwort geben. Aber ich gebe dir eine längere: Nicht in einer Million Jahren.
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Was sagen die Herren der Schöpfung dazu?
Einige der Typen auf der Tour hauen dann solche Kommentare raus, dass wir scheiße surfen, dass unser Level unterirdisch ist, dass niemand bei den Damen zuschauen will. "Go train harder!" - Das ist für sie einfach zu sagen! Sie können jeden Tag surfen gehen, weil ihnen das bezahlt wird. Fast jedes Mädel auf der Tour hat einen Vollzeitjob neben ihrer "Profi-Karriere", was bedeutet, dass sie fünf Tage die Woche für acht Stunden arbeiten, und dann noch Profi-Windsurfen dazwischen quetschen müssen. Was die Windsurf-Industrie betrifft, kommt es auf die Marke an. Ich hatte das Glück mit sehr freundlichen Menschen zusammenzuarbeiten, die immer ein gutes Wort für mich hatten, auch wenn das natürlich kein Essen auf den Tisch bringt. Aber ich habe auch schon die andere Seite der Medaille kennengelernt. Ich denke, die meisten Firmen machen sich einfach gar keine Gedanken über Frauen. Das ist nicht bei allen so, aber im Großen und Ganzen ist Windsurfen ein Sport von Männern für Männer.

Meinst du die Industrie oder die Windsurferinnen als Vorbilder könnten daran etwas ändern?
Ich glaube nicht wirklich, dass die Industrie daran etwas ändern wird. Das ist so schade, sie könnten uns smarter vermarkten und uns Frauen zu ihrem Vorteil einsetzen - wie es im Wellenreiten passiert. Das regt mich richtig auf und ich sollte wahrscheinlich vorsichtiger sein, mit dem, was ich sage, sonst habe ich bald vielleicht gar keine Sponsoren mehr.

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