Madagaskar - Leon Jamaer und Thomas Traversa erkunden den afrikanischen Inselstaat

Leon Jamaer und Thomas Traversa erkunden den afrikanischen InselstaatWindsurfparadies Madagaskar

von Leon Jamaer
Der zunächst so konstante Wind hat sich verabschiedet und die Idylle - wie wir sie die ersten Tage in unserem Windsurfabenteuer fern westlicher Zivilisation erlebt hatten - ist etwas verblasst. Thomas, dessen Körper mit Flohbissen übersät ist, hat schon wieder die gesamte Nacht auf Toilette verbracht und auch Gilles ist nun schon zum zweiten mal gezwungen, seine Bettwäsche zu säubern. Der Schlafmangel muss bei ihm Paranoia geschürt haben: Er bezichtigt unsere Köchin ihn vergiftet zu haben, da er die letzten Tage als letzter am Esstisch erschien ist. „Es passiert ständig in Madagaskar“, flucht er, „dass Köche ihre Kunden absichtlich vergiften“. Eine Grippewelle, welche gerade den Süden der Insel streift ist wohl die wahrscheinlichere Ursache. Ich habe andere Symptome. Ein Fieber hat sich im Körper breit gemacht. Unser Bungalow ähnelt jetzt eher einem Lazarett. Paracetamol-Tabletten werden gegen Kohle-Tabletten getauscht, Zink gegen Imodium. Ich vertraue vor allem einem Zwiebel-Knoblauch-Ingwer-Tee, dabei mir zurück auf die Beine zu helfen, obwohl dieser nur langsam hinunter will. Während Thomas und Gilles nach einigen Tagen wieder fit sind habe ich nach über einer Woche noch immer Beschwerden und kaum genug Kraft mich zum Essen zu schleppen. Ich überlege früher abzureisen - nur wenige Tage nach der Rückreise beginnt der Worldcup in Dänemark und zu diesem Zeitpunkt, sehe ich nicht, wie ich hier wieder zu Kräften kommen soll - logistisch jedoch fast unmöglich. Allein zur nächsten Stadt sind es acht Stunden im 4x4 Jeep. Der Abenteuer-Traum scheint zu verpuffen. Direkt östlich von Madagaskar befindet sich das Windsurfparadies Mauritius mit konstanteren Bedingungen, halb so langer Anreise und westlich geführten Resorts. Warum eigentlich nicht mal den leichten Weg gehen und pauschal buchen? Reisende, die zufällig Lavanono passieren, geben mir ein Antibiotikum, das glücklicher Weise sofort anschlägt und mich die verbleibenden Tage noch einmal genießen lässt.
Madagaskar - Leon Jamaer und Thomas Traversa erkunden den afrikanischen Inselstaat
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Gilles erzählt, sein Vater sei Seefahrer gewesen. Wenn sie mit dem eigenen Boot auf Tour waren, hatte er als Junge stets die Aufgabe eingeschlagene Kurse zu überprüfen und auf Seekarten nach geeigneten Ankerplätzen zu suchen. „Auch deswegen plane ich heute jede Reise anders und versuche niemals denselben Weg zu gehen. Nach ein paar Jahren erinnert sich sowieso niemand an seinen hundertsten Bottom Turn oder Aerial. Es sind die Geschichten von Zwischenfällen unterwegs, denen meine Kinder heute am liebsten lauschen.“ Ich frage Thomas, was ihn dazu antreibt immer aufs Neue an den abgelegensten Teilen der Erde nach Wellen zu suchen. „Für mich ist es etwas ganz spezielles, wenn ich an an einer Küste an der noch nie ein Windsurfer gesehen wurde alleine oder mit ein, zwei Freunden aufs Wasser gehe. Das ist Spaß pur ich genieße jeden Moment auch wenn die Bedingungen nicht immer die Besten der Besten sind“, schwärmt er. „Außerdem mag ich es selber darüber entscheiden zu können, wie die Reise aussieht und dabei möglichst unabhängig zu bleiben. Unterwegs trifft man häufig auf Gleichgesinnte und so ergeben sich schnell neue Ziele und Inspirationen.“ Die Zeit ist um und wir packen unsere Sachen für die lange Rückreise.
Madagaskar - Leon Jamaer und Thomas Traversa erkunden den afrikanischen Inselstaat
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Während sich der Jeep im Schneckentempo durchs Gelände kämpft schießen mir nach und nach die Bilder der letzten Wochen durch die Hirnbahnen. Die Abende ohne mediale Ablenkung und mit Gesprächen über die Unterschiede von deutscher und französischer Politik, von den Pros und Contra vom Foil-Surfen oder Thomas sensationellen Thermomixer, der seine Suppenkochkünste auf ein neues Level gehoben hat, kommen zurück ins Gedächtnis. Dazu erscheinen Erinnerungen an feuerrote Sonnenuntergänge und fast grell leuchtende Sternenhimmel, Pflanzen- und Baumarten, die wir nie zuvor gesehen haben und eher in ein Dinosaurier-Zeitalter passen. Ich stelle mir vor, wie der vor nur etwa 300 Jahren ausgestorbene Elefanten-Vogel, welcher mit einer Scheitelhöhe von von bis zu 3,6 Metern der größte Vogel der Welt gewesen war, durch die Täler Madagaskars spaziert ist. Die exzellenten Segelfähigkeiten der Antandroy, der Stamm der Bewohner der Südküste, welche mit ihren einfachen Auslegerbooten außerordentlich präzise und zügig durchs Meer glitten, beeindrucken mich noch immer. Genau so sehr wie die Kinder, die in einem enger werdenden Kreis schwimmend und dabei aufs Wasser klatschend Fischschwärme in ein winziges Netz scheuchten - nur einige von vielen festgebrannten Momenten. Als wir in Fort Dauphin für unseren Flug nach Paris einchecken sind wir alle um einen Batzen Erfahrungen reicher und haben jede Menge Inspiration für neue Abenteuer erfahren - auch wenn der Weg dort hin im wahrsten Sinne des Wortes holprig war.

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