Nach dem Semifinale waren nur noch die vier besten Frauen unter sich und starteten bereits am frühen Vormittag in das Halbfinale. Während Paula Novotna gestern noch gelegentlich Nerven zeigte, konnte sie heute eindeutig die Oberhand gewinnen. Im ersten Halbfinale des Tages setzte sie sich zunächst gegen Bowien van der Linden durch. Bowien van der Linden ist ohne Frage eine Top-Athletin, aber Paula Novotna hatte heute einfach mehr Konstanz bei der Landung ihrer Tricks in den schwierigen, unruhigen Bedingungen. Zum Teil wurden Böen von bis 30 Knoten gemessen. Im zweiten Halbfinale konnte sich Nia Suardiaz gegen Flora Artzner durchsetzten.

Das Finale war eine hervorragende Fahrdemonstration der beiden Top-Athletinnen und zeigte, wie sehr sich dieser Sport in so kurzer Zeit entwickelt hat. Paula Novotna tritt bereits seit vielen Jahren erfolgreich im Kitesurfen an und konnte in ihrer Karriere viele Top-Podiumsplätze erreichen. Auch heute spielte sie ihre Routine gegen Nia Suardiaz aus und ging mit voller Konzentration in den Heat. Mit einem Toeside Frontside 3 und Frontside 3 kann sie gleich zu Heatbeginn Punkte scoren. Nia Suardiaz versucht mit gleichen Mitteln dagegen zu halten, aber Paula Novotnas Konstanz und Präzision war sie heute nicht gewachsen. Als schliesslich der Summer ertönte, um der Heat zu Ende war, stand fest, dass Paula Novotna nicht nur den Event in Tarifa gewonnen hat, sondern damit zugleich GWA Wingfoil Surf-Freestyle-Weltmeisterin 2022 ist. Den Abschlussevent in Brasilien kann die Tschechin jetzt ganz in Ruhe auf sich zukommen lassen.

Der Kampf zwischen den Generationen bei den Herren ging auch heute weiter und die jungen Fahrer drängen sich mehr und mehr in das etablierte Feld. Malo Guenole war von Anfang an Feuer und Flamme und landete gleich in seinem ersten Lauf des Tages in Runde drei einen irrsinnigen Frontside 7. Die Judges geizten bei der Ausführung nicht und gaben ihm satte 9,5 Punkte dafür. Das sollte an diesem Tag keiner mehr schaffen. Auch Chris MacDonalds Frontside 7 war nicht von schlechten Eltern und erzielte ebenfalls solide 9 Punkte. Höhe und Ausführung sorgte zeitweise für sprachlose Zuschauer am Strand.

Im Laufe des Tages stieg die Windgeschwindigkeit auf über 35 Knoten, was es zu einer noch größeren Herausforderung machte, gut ausgeführte, technische Tricks sauber auszuführen. Der Franzose Axel Gerard ist während der gesamten Veranstaltung konstant gut gefahren und konnte in Runde vier den erfahrenen Konkurrenten Stefan Spiessberger schlagen. Malo Guenole besiegte einen enttäuschten Maxime Chabloz, der sich bei diesem Event bisher in guter Form präsentierte, aber beim Tempo von Malo Guenole nicht mithalten konnte.

Auch im Viertelfinale zeigten die Fahrer trotz des starken Windes weiterhin gute Leistungen. Camille Bouyer besiegte Alex Gerard nur um den Bruchteil eines Punktes. Malo Guenole traf in der fünften Runde auf Chris MacDonald. Von Anfang ähnelte dieser Heat bereits einem würdigen Finale: Frontflips, Backflips und Frontside 7's wurden alle mit wahnsinniger Höhe und sauberer Ausführung gezeigt, aber Malo Guenole schaffte es, noch ein bisschen weiter zu pushen und gewann den Heat mit einem immensen Backflip noch im letzten Moment. Ein Duell auf Augenhöhe der beiden Top-Fahrer und einer der engsten Heats des Tages. Xavi Corr und Titouan Galea waren die letzten beiden, die ins Halbfinale einzogen, wobei Titouan Galea niemanden geringeren als den letzten Eventsieger und derzeitigen Tourleader, Gollito Estredo, zu Fall bringen konnte.

Im ersten Halbfinale traf Malo Guenole auf Camille Bouyer. Mit den nun auf sechs Minuten reduzierten Vorläufen war der Leistungsdruck dabei höher denn je. Wieder einmal kam es auf den letzten Trick des Heats an, da sich beide die ganze Zeit ein Kopf-an-Kopf-Rennen lieferten. Malo Guenole zeigte mit seinen Frontflips, Backflips und einem tadellosen Frontside 7 wieder einmal sein ganzes Repertoire und Können. Es war knapp, aber Camille Bouyer konnte die Leistung seines Konkurrenten heute nicht übertreffen, und der Platz im Finale ging so an Malo Guenole.

Xavi Corr ist ein junger Local und dies war sein erstes Halbfinale bei einem GWA Event überhaupt. Um die Situation noch besser zu machen, musste er im zweiten Halbfinale des Tages gegen einen der besten Fahrer der Welt, Titouan Galea, antreten. Xavi Corr eröffnete dem Heat gleich mit soliden Tricks, während Titouan Galea mit seinen ersten Versuchen noch zu kämpfen hatte, aber dann besser in den Heat fand. Zur Halbzeit waren beide fast punktgleich. Xavi Corr ging All-In und fühlte sich an seinem Homespot sichtlich wohl. Bei seinem letzten Trickversuch zeigte er noch einen Frontside 7 für den er 8,73 Punkte erhielt, während Titouan Galea bei seinen letzten Versuch vergeblich noch dagegenzuhalten versuchte. Xavi Corr sichert sich verdientermaßen seinen Platz im Finale, wo er jetzt auf Malo Guenole traf.

Die jüngere Generation hat diesen Event von Anfang an dominiert, und die beiden Finalisten, Xavi Corr 15 Jahre und Malo Guenole 17 Jahre alt, sind das perfekte Beispiel für die neue junge Generation von Athleten, die die Konkurrenz zukünftig zu fürchten hat. Beide Fahrer waren eindeutig hungrig auf den Eventsieg. Malo Guenole eröffnete mit einem klassischen massiven Backflip und erzielt damit gleich mal 7,2 Punkte. Xavi Corr reagierte ebenfalls mit einem Backflip und erzielte aber etwas niedrigere Punkte. Sie drängten Trick um Trick weiter, wobei jeder abwechselnd die Führung übernahm. In den letzten Momenten ging Xavi Corr leicht in Führung, während Malo Guenole drei wertvolle Trickversuche nicht stehen konnte. Er entschied sich für eine Frontside 3, um 5,23 Punkte zu sichern, aber das war zu diesem Zeitpunkt einfach nicht genug, da Xavi Corr mit einer massiven Frontside 7, der 8,37 Punkte erzielte, wieder All-In ging. Mit nur 15 Jahren ist er der offizielle Gewinner des GWA Wingfoil World Cups in Tarifa im Surf-Freestyle. „Ich bin so begeistert, den GWA hier an meinem Heimatort Tarifa zu gewinnen“, äußerte sich Xavi Corr im Anschluss, „Malo hat einen wirklich tollen Kampf geliefert, es war so knapp. Ganz am Ende habe ich meinen 720 bekommen, von dem ich so begeistert bin. Ehrlich gesagt bin ich so glücklich, diesen Wettbewerb hier zu gewinnen.“

GWA Wingfoil World Cup Tarifa 2022 Herren:
1. Xavi Corr (ESP)
2. Malo Guenole (FRA)
3. Camille Bouyer (FRA)
4. Titouan Galea (NCL)

GWA Wingfoil World Cup Tarifa 2022 Damen:
1. Paula Novotna (CZE)
2. Nia Suardiaz (ESP)
3. Bowien van der Linden (NED)
4. Flora Artzner (FRA)

Fotos: GWA Wingfoil World Tour / Samuel Cardenas