PWA/IWT Fiji Surf Pro 2023: Sieg und Niederlage

PWA/IWT Fiji Surf Pro 2023Sieg und Niederlage

Der dritte Tag auf Fidschi endete für Bernd Roediger mit einer Niederlage im ersten Heat des Viertelfinales. Für seine Pressearbeit für den PWA/IWT Event verleiht sie ihm erneut Höhenflüge. Wie er den dritten Tage erlebte und warum auch Niederlagen eine schöne Seite haben, verrät er uns hier und mit seinem Text.

von Bernd Roediger
Wie ihr wisst, bringe ich gerne meine eigenen persönlichen Erfahrungen und Gedanken in meinen Artikeln ein. Dieses Mal werde ich versuchen es mit Zurückhaltung zu tun, da die Art und Weise, wie ich mich tatsächlich fühle, wenn ich in diesem Wettbewerb verliere, natürlich keine allzu angenehme Lektüre darstellen kann.

Wie ist es also genau, einen Heat zu verlieren? Nun, zuerst muss man herausfinden, wie überhaupt das Ergebnis war. In diesem Fall war ich von meinem Heat nicht gerade begeistert, aber ich war ziemlich zuversichtlich, dass ich es auf den zweiten Platz geschafft hatte. Ich war tatsächlich so davon überzeugt, dass ich nicht gleich nachgeschaut hatte. Ich verspürte diese nebulöse Art von Sicherheit: „Ja, dieser Heat war hart, aber es war hart für alle.“ Manchmal ist es sehr schwierig, den Überblick über die Wellen zu behalten, auf denen die Konkurrenten fuhren, und deshalb kann man zu diesem Zeitpunkt nur mutmaßen. Ich ging davon aus, dass Ricardo (Ricardo Campello, Anm. d. Red.) von Anfang an die Nase vorn hatte und sich die wenigen guten Sets erkämpft hatte, die sich wirklich über die gesamte Länge des Riffs erstreckten, was mehr Möglichkeiten für Punkte und kritischere Abschnitte bot, mit denen man die Kampfrichter beeindrucken konnte. Mit ihm als Erstem hatte ich die restlichen Möglichkeiten gut ausgeschöpft und einen ausreichend soliden Heat zusammengestellt, um weiterzukommen.

Irgendwann kommt man von dem Gefühl des Heats, der leichten mentalen Erschöpfung durch die Stressbewältigung, des Timings und des Wettkampfs runter, wenn die Flagge gehisst wird und die letzten Minuten zu Ende gehen. Wenn sich die Atmung wieder normalisiert, konzentrieren sich die Gedanken wieder auf das Unmittelbare und Alltägliche und dann stellt sich die Frage, heißt es jetzt nach Hause fahren oder kann man sich auch weitere Begegnungen freuen. In meinem Fall war es eine „Einpacken und nach Hause gehen“-Situation, nachdem ich schließlich meine Live Heat-App überprüft und komischerweise herausgefunden habe: „Oh, ich habe verloren!“
PWA/IWT Fiji Surf Pro 2023: Sieg und Niederlage
PWA/IWT Fiji Surf Pro 2023: Sieg und Niederlage
PWA/IWT Fiji Surf Pro 2023: Sieg und Niederlage
Zu diesem Zeitpunkt muss man die ganzen negativen Gedanken einfach eine Minute rauslassen. Zu meinem Glück saßen Liam Dunkerbeck und ich sowohl wörtlich als auch im übertragenen Sinne im selben Boot, da wir beide im selben Lauf ausgeschieden waren. Deshalb bedauerten wir gemeinsam eine Weile, wie dürftig die Bedingungen waren und wie schwierig es war, eine gute Punktzahl zu erzielen. Das Gegenargument zu solchen Reden ist natürlich, dass das Potenzial für Punkte eindeutig vorhanden war, da die Heat-Gewinner es ja gezeigt hatten. Das war die Perspektive, die Björn Dunkerbeck vertrat - der ebenfalls in unserem traurigen, nassen Boot saß - und uns sofort daran erinnerte. Er ließ uns nicht lange in unserem Unmut über die Bedingungen schwelgen.

Letzten Endes bleibt die Stimmung des Verlierens nicht allzu lange getrübt. Und wie könnte sie das ausgerechnet auf Fidschi auch sein?! Jeder geht für ein oder zwei Momente in seinen privaten Bereich zurück, nachdem er mit dem Boot zu den Unterkünften zurückgekehrt war. Für mich war es eine lange Dusche und ein Blick auf die Nachrichten von zu Hause, wobei ermutigende Nachrichten helfen, aber ablenkende Nachrichten sind wirksamer, um den Blues zu mildern. Sich in die Melodramen von Freunden und Familienmitgliedern zu vertiefen, hilft dabei, die relativ geringen Verluste, die man bei einem Windsurfwettbewerb erlitten hat, ins rechte Licht zu rücken. Wenn man an ebenso willkürliche Sorgen denkt, auf die Menschen in ihrer eigenen kleinen Welt lächerlich überreagieren, könnte es sich genauso gut um eine Therapie handeln.

Im Handumdrehen weht der Geruch von Essen aus der Küche, die Menschen verlassen ihre Herberge, wenn die Nacht hereinbricht, und die Stunden des Sonnenuntergangs locken selbst die Melancholie dazu, den Kopf zu heben. Ich setze mich an einen Tisch mit Freunden: Kai Katchadorian und Jace Panebianco unterhalten sich über ihre jeweiligen Leidenschaften. Heavy-Metal-Musik und Kinematografie passen zusammen wie Kai und Jace. Da ist Paul van Bellen, der nach einem Tag voller Medienarbeit an Bord der Thundercloud völlig ausgepowert aussieht. Ich setze mich und bestelle mein übliches Hühnchen-Curry mit Spinat im Restaurant. Und hinter mir kommt Federico, der heute ebenfalls dem Club der Verlierer beigetreten war, er sucht nach einen Platz am Tisch und ich bot ihn einen an.
PWA/IWT Fiji Surf Pro 2023: Sieg und Niederlage
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Ich habe Fede (Federico Morisio, Anm. d. Red.) immer gemocht, weil sein Charakter rein ist, er hat eine vertraute Sanftheit, die mich an andere in meinem Leben erinnert, die aufrichtig und freundlich sind. Fede und ich bedauern ein wenig das Ausscheiden des anderen, das ist das, was gute Sportler tun. Aber nach einer Weile klingt es sogar für uns beide etwas bitter, also lassen wir das Thema fallen und schauen uns im Raum nach etwas anderem um, worüber wir reden können. Fede bestellt ein Bier. Es war eine angenehme Überraschung, ihn ein alkoholisches Getränk trinken zu sehen und das sagte ich ihm auch. Das letzte Mal, dass ich ihn trinken sah, war schließlich am Ende des Punta San Carlos-Events im Jahr 2019 und ich erinnere mich daran, dass er damals genau diese Worte gesagt hatte: „Als ich das letzte Mal ein Bier getrunken habe, wäre ich fast gestorben, und ich glaube, das bin ich auch. Ich bin allergisch dagegen, aber los geht's!“ Es ist erwähnenswert, dass wir uns damals in einer gottverlassenen Gegend weit entfernt von einem Krankenhaus befanden, und derzeit besteht hier auf Fidschi ein ähnliches Risiko! Aber Fede sagte, er habe schon vor langer Zeit herausgefunden, dass er nicht allergisch sei und genieße ab und zu ein Bier. Das muss wohl wirklich nur ab und zu passieren, denn etwa nach einem halben Bier wird Federico zum „Fun Fede“ und lacht und kichert über die albernsten Dinge. Wenn Ihr es verfolgen möchtet, schaut Euch in ein paar Tagen einfach den YouTube-Kanal von Paul van Bellen an, auf dem er Aufnahmen von Fede an diesem Abend veröffentlichen wird.

Es kam mir zu diesem Zeitpunkt irgendwie komisch vor, als Federico und ich beide für die Nacht in unserere Unterkunft zurückkehrten und wir uns daran erinnerten, dass Federico erst vor wenigen Tagen eine seiner herausragendsten Leistungen in einem Heat gezeigt hatte, bei der wahrscheinlich bekanntesten Veranstaltung der Welt in diesem Jahr. Was tat er, nachdem er Mitstreiter wie Brawzinho (Marcilio Browne, Anm. d. Red.) und Marc Paré bezwungen hatte? Hat er bis zum Morgengrauen gefeiert und sich ein Tattoo stechen lassen? Hat er überhaupt zu seinem „ab und zu“-Bier gegriffen? Nein. Er hat den ganzen nächsten Tag geschlafen. Er ruhte sich aus, weil er angeblich eine Erkältung hatte, und deutete an, dass ich seine Klimaanlage die ganze Nacht über zu niedrig eingestellt hatte; aber zumindest für mich war klar, dass er gerade eine sehr emotionale Tortur durchmacht. Da war ich schon! Der Sieg nimmt einem einfach den Wind aus den Segeln. Wenn alles, was man sich erträumt hat, endlich wahr wird, gibt es eine gewaltige Befreiung. Ein Hoch, das normalerweise von einem tiefen Tief begleitet wird. Seltsam, dass auch das Gegenteil der Fall sein kann, dass ein Verlieren, das einen sehr deprimiert, eine Art albernes und pampiges Gefühl hervorruft, das die Sorgen auslöscht und die Wachsamkeit senkt. Das Leben ist wirklich schön, egal wie man es spielt, ob man gewinnt oder verliert, es gibt immer Vorteile.

Nehmen wir zum Beispiel den erfolgreichsten Sportler in der Geschichte des Profisports, Björn Dunkerbeck. Ein Mann, den die Windsurfwelt sowohl fürchtet als auch verehrt, ein stoischer Zerstörer. Nun ja, er hat seit einiger Zeit nicht mehr viel gewonnen, was nicht heißt, dass er keine kleinen Wege findet, in einer bestimmten Situation die Nummer Eins zu sein, aber er hat zumindest gelernt, mit der Tatsache zu leben, dass er ein Sterblicher ist. Ein Tag wie heute mit mäßigen Windverhältnissen und winzigen Wellen reicht aus, um ihn zum Aufrüsten und Hoffen zu bringen, aber die Realität seiner 15 Minuten auf dem Wasser ist nicht gerade herrlich. Aber der nachlassende Schrecken in seinem Anlitz offenbart eine so komplexe Leidenschaft und eine tiefe Sorge für das Windsurfen und für die Windsurfer! Ich glaube, es fällt den Menschen und der jüngeren Generation schwer, sich daran zu erinnern, dass Windsurfen für Björn eine Familienangelegenheit war. Seine Mutter und sein Vater organisierten die Veranstaltungen tatsächlich auf den Kanarischen Inseln und stellten dabei die eng verbundene Windsurfgemeinschaft in den Mittelpunkt. Björn legt meiner Meinung nach großen Wert auf starke Bindungen, starke Beziehungen zu Menschen. Er wird mit so roher Absicht und Authentizität auf Euch zukommen, gepaart mit einem scharfen Intellekt, und ihr werdet überrascht sein, sogar in die Defensive zu geraten. Aber ich denke, seine Absicht ist es, schnell und auf möglichst unmittelbar eine Grundlage für eine Beziehung aufzubauen: reine Ehrlichkeit.

Nehmt zum Beispiel mich. Neulich habe ich mir am Riff bei Cloudbreak eine ziemlich starke Rückenverletzung zugezogen und brauchte etwas Wundversorgung. Ich hatte ein Erste-Hilfe-Kid dabei, aber meine Wasserstoffperoxidflasche war darin geplatzt und hatte meine Verbände und Salben durchnässt, sodass das meiste davon unbrauchbar geworden war. Ich war daher ohne irgendetwas unterwegs und lief einen ganzen Tag mit einer trockenen Wunde herum und sammelte fleißig Schmutz auf; alle möglichen Fliegen schwirrten herum und warteten nur darauf, begierig die Früchte meines Missmanagements zu ernten. Björn hat mich mit einer Flasche einer unbekannten Flüssigkeit konfrontiert, von der er behauptete, sie sei gut für die „Zellregeneration“, und ich habe mich spontan dafür entschieden, da kaum eine andere Option zur Verfügung stand. Eigentlich war es wirklich effektiv und ich wendete mich daher fortan ständig an Dr. Dunkerbeck, um mehr von diesem Heilspray zu bekommen. Und allen hat es hier ein ziemliches Schmunzeln beschert, zu sehen, wie der 40-fache Weltmeister Björn Dunkerbeck behutsam eine kleine Flasche bediente und mit der pragmatischen, aber fleißigen Sanftheit einer ausgebildeten Krankenschwester Heilöle auf meinen Rücken auftrug. Aber dieser Drang, sich zu kümmern, liegt in der Natur des Menschen. Warum sollte man daher also ungläubig sein, wenn man bedenkt, dass Björn ein Mitglied unserer Spezie ist? Wenn auch ein seltener Ausreißer, was den sportlichen Erfolg angeht. Ich habe Björn als sanften Bären kennengelernt, eine starke Figur im Leben vieler, einen Lehrer, eine ermutigende Präsenz. Zu sehen, wie er fidschianischen Kindern das Segeln bei drei Knoten Wind in den ruhigen Gewässern einer Lagune beibringt ist ein erstaunlicher Anblick! Es ist genauso beeindruckend, als würde man ihm dabei zusehen, wie er auf den 10 Fuß hohen Cloudbreak stürmt. Er meistert beide Aufgaben mit gleicher Björn-Manier, fokussiert und ohne verschwendete Bewegungen. Er trainiert Kinder auf Windsurfbrettern, als würde er Robotik mit ihnen studieren. Er tritt nicht an, um zu gewinnen, sondern um unsere Konkurrenz zu unterstützen und zu fördern. Was für eine coole Art, seinen Erfolg zu nutzen! Meiner Meinung nach hat das Verlieren - oder besser gesagt der Rückzug vom ständigen Siegen - einige der besten Eigenschaften von Björn für Leute wie mich sichtbar gemacht, die vielleicht sonst nie die Gelegenheit gehabt hätten, diese zu sehen.

Noch ein Wort zu Liam, dem Sohn von Björn, der in jeder Hinsicht ein Wunderkind ist und in der Lage ist, ebenso ein Champion wie sein Vater zu werden. Sein Surfen bei Cloudbreak war wirklich umwerfend anzusehen, da er stets mit dem Timing und der Geschliffenheit eines erfahrenen Tourfahrers unterwegs war. Er fühlt sich in großen Wellen wohl und kennt sich mit Barrels bestens aus. Und was das Windsurfen angeht, ist er eine gelungene Mischung aus den Sprung- und Waveriding-Bereichen unseres Sports. In diesem Lauf lag Liam vor mir und kämpfte eine Zeit lang mit Antoine um den zweiten Platz. Aber die Natur des Tages führte in den letzten Momenten zu einer großen Wendung, bei der es uns allen gelang, ein Set zu ergattern und die Ergebnisse zu verbessern. Liam war entmutigt und kam verärgert an Bord des Bootes. Wie ich bereits sagte, konnte Björn es nicht ertragen, dass wir uns lange in Selbstmitleid suhlen. Aber tatsächlich erinnerte er Liam auf sehr ermutigende Weise an seine Stärken, wie er diese beim nächsten Mal besser einsetzen kann und was man daraus lernen könnte. Das alles erinnerte mich an die Beziehung zwischen Trainer und Sportler, die ich zu meinem Vater hatte, die manchmal streßig, aber immer unterstützend war. Er spricht mit Liam auf Spanisch, was ich lustig finde, da er so ein großer Däne ist. Vielleicht nichts so Bedeutsames oder Symbolisches, aber für mich ein Zeichen dafür, wie ein Vater lernt, mit seinem Sohn in „seiner Sprache“ zu sprechen.

Sobald dieser Artikel geprüft und veröffentlicht ist, beginnt das Frühstück. Alle übrigen Teilnehmer haben ihre Ausrüstung vorbereitet und sind bereit für die Beiboote. Wir werden uns alle auf einen langen Tag vorbereiten, an dem wir unsere Freunde unterstützen, die noch am Wettbewerb teilnehmen. Wir freuen uns auf großartige Action im Finale!

Fotos: IWT / Fish Bowl Diaries @fishbowldiaries

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