Der etwas andere Surftrip: Eine Segelreise von Hamburg nach Gambia

Der etwas andere SurftripEine Segelreise von Hamburg nach Gambia

von Jan Wildeman
Spannend mit dem Satellitentelefon, hattet ihr dadurch dann auch die Möglichkeit, zuhause anzurufen?
Nein, also mit diesem Telefon konnten wir lediglich Nachrichten schreiben und den Wetterbericht empfangen. Wir hatten viel Kontakt zu Bekannten, die sich gut auskennen mit den Wettervorhersagen. Die haben uns dann zusätzlich bestmöglich mit Infos versorgt und rechtzeitig vor Stürmen gewarnt.

Wie war die Ernährung an Bord? Gab es viel selbstgefangenen Fisch?
Die ersten 2000 Meilen habe ich ehrlich gesagt fast nichts gefangen, obwohl die Angel eigentlich permanent im Wasser war (lacht). Ich musste wohl erstmal reinkommen. Ab Madeira ging es dann aber richtig gut mit der Selbstversorgung, da ich dann auch recht viele große und exotische Fische gefangen habe. Zum Beispiel den Mahi Mahi, den es in den Regionen dort im Süden viel gibt. Das war sehr lecker und eine tolle Art der Selbstversorgung mit frischem Fisch. Oktopusse gab es dann auch manchmal. Auf den längeren Überfahrten war es mit dem Kochen jedoch ein bisschen schwieriger. Je nach Wetter hat es dann eher Nudeln mit Pesto und bei viel Welle dann auch mal nur Kekse als Nahrungsmittel gegeben (lacht).

Wie fühlt es sich an, auf den kulturell doch noch sehr westlich Kanaren zu starten und ein paar Tage später auf einmal in einem der ärmsten Länder Welt an Land zu gehen?
Auch wenn ich glaube, dass der Kulturschock noch größer gewesen wäre, wenn man einfach mit dem Flugzeug von Hamburg nach Gambia geflogen wäre, war es wirklich überwältigend, in Gambia anzukommen. Als wir in Banjul, der Hauptstadt von Gambia einklarieren mussten, war es eine ganz andere Erfahrung als zum Beispiel auf den Kanarischen Inseln. Alles war laut, staubig und heiß, und überall wird einem viel zu süßer Tee angeboten. Allein das Einklarieren hat zwei Tage gedauert und man musste sich auch sehr daran gewöhnen, wie die Dinge dort laufen. Um bestimmte Sachen machen zu können musste man sogar den einen oder anderen Beamten bestechen (lacht)! Abgesehen davon ist es eben eines der ärmsten Länder der Welt und die Verhältnisse sind einfach anders als bei uns, das war aber sehr spannend und eine tolle Erfahrung, sobald man sich ein bisschen an alles gewöhnt hatte.
Der etwas andere Surftrip: Eine Segelreise von Hamburg nach Gambia Anne mit Beusch auf unserem Schiff, Gambia
Der etwas andere Surftrip: Eine Segelreise von Hamburg nach Gambia brennende Reisfelder neben der Shanty, Gambia
Der etwas andere Surftrip: Eine Segelreise von Hamburg nach Gambia
Hattet ihr Sorge, dass euch in Gambia unangenehme Überraschungen erwarten könnten?
Ich hatte am Anfang schon ein paar Sorgen, das war nach ein bis zwei Tagen dann jedoch etwas ganz anderes. Wir wurden wir extrem gastfreundlich von den Menschen vor Ort aufgenommen und haben uns nach dem Einklarieren kaum noch Gedanken gemacht, dass irgendwas passieren kann. Wir haben in Gambia nicht mal das Schiff abgeschlossen! Auf den Kapverden war das etwas Anderes, dort wurde bei einem Freund von uns das Boot überfallen und eigentlich fast alles gestohlen. Ich glaube, dass man einfach generell immer ein wenig aufpassen muss, aber wir haben uns eigentlich schon sehr sicher gefühlt.

Was habt ihr in Gambia dann gemacht? Das Land liegt ja direkt an einem großen Fluss, dem Gambia River.
Zuerst waren wir zwei Wochen an einem kleineren Ort in der Flussmündung des Gambia River, der sich durch ganz Gambia zieht. Wir haben dort unseren Freund wiedergesehen, der uns ursprünglich von Gambia erzählt hatte, bevor wir überhaupt wussten, wo Gambia liegt. Nach kurzer Zeit haben wir uns super mit den Einheimischen verstanden, mittags immer zusammen gekocht, gambische Gerichte kennen gelernt und abends auch mal ein Bier getrunken. Wir haben auf diese Weise nicht nur die Leute näher kennengelernt, sondern auch die Gegend ganz gut erkunden können. Anschließend sind wir dem Fluss etwa 300 km in Landesinnere gefolgt. Da haben wir dann einfach mal inmitten des Urwalds geankert und alle möglichen Vögel, Affen, Krokodile oder sogar auch Nilpferde gesehen. Wenn wir wieder mal andere Menschen sehen wollten, haben wir einfach vor einem der vielen kleinen Fischerdörfer geankert und sind dort an Land gegangen. Die Menschen waren wie gesagt super gastfreundlich und haben sich gefreut, dass mal wieder „Toubabs“, so nennen die Locals uns weiße Menschen, zu Besuch kommen. Manchmal hatten wir kaum das Beiboot verlassen, bevor wir von einer Traube aus Kindern umringt waren, die uns alle anfassen und uns dem restlichen Dorf vorstellen wollten. Und kurze Zeit später waren sie dann allesamt bei uns an Bord, rüber gepaddelt mit den zahlreichen Holz-Kanus der Fischer. Solche Erfahrungen macht man in der Karibik nicht, glaube ich. Und da die Amtssprache in Gambia Englisch ist, war die Kommunikation auch problemlos.
Der etwas andere Surftrip: Eine Segelreise von Hamburg nach Gambia Fischer im Sonnenuntergang, Gambia River
Der etwas andere Surftrip: Eine Segelreise von Hamburg nach Gambia Neben Pavianen haben wir auch Schimpansen am Ufer gesichtet, Gambia
Der etwas andere Surftrip: Eine Segelreise von Hamburg nach Gambia Hanstholm
Werden wir dich - sofern es denn wieder losgeht - auch wieder in Wettkämpfen sehen können? Du bist vor Pandemie-Beginn den DWC auf Sylt und auch die Danish Open recht erfolgreich gefahren in einem starken Starterfeld.
Sofern es meine Ausbildung zulässt und die Vorhersage stimmt, werde ich auf jeden Fall gerne wieder an allen möglichen Wettkämpfen teilnehmen. Vor allem die Danish Open und den noch relativ neuen Down the Line Contest finde ich immer sehr schön. Bei Letzterem ist die Regel, dass nur das Wellenabreiten gewertet wird und das finde ich ist ein spannendes Konzept.

An welchen Manövern arbeitest du zur Zeit in der Welle?
Beim Wellenabreiten arbeite ich derzeit am Wave 360 und am Takka. Das klappt auch schon manchmal, aber das muss auf jeden Fall konstanter werden. Beim Springen habe ich vor unserer Segelreise angefangen, den Double Forward zu üben. Da muss ich mich jetzt erst einmal wieder heranwagen, aber das kommt mit Sicherheit bald wieder.

Wie geht es bei dir jetzt generell weiter?
Im September werde ich meine Zimmermannsausbildung beginnen. Dann werde ich wahrscheinlich erstmal ein bisschen weniger aufs Wasser kommen, aber ich denke mit Wing-Foilen und Kitesurfen habe ich zwei Optionen, auch bei weniger Wind meinen Spaß zu haben und werde jede freie Minute auf dem Wasser nutzen. Bis dahin sind es ja aber auch noch ein paar Wochen und die Vorhersage am Wochenende sieht wieder gut aus in Hanstholm.

Eine Frage noch: Was hast du während der Reise mehr vermisst? Deine Familie oder Windsurfen in Hanstholm?
Das Interview wird bestimmt auch meine Familie mal lesen, die habe ich natürlich sehr vermisst (lacht). Aber das Windsurfen natürlich auch.

Fotos: Anne Radloff

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