Bernd Roediger im Interview: Style in Time

Style in TimeBernd Roediger im Interview

von Loris Vietoris
Was hat dich eigentlich dazu bewegt dein Trapez so „loose“ zu tragen?
„Ho'okipa ist das Mekka des Windsurfens.“ Ich glaube, das ist ein Zitat von Robby Naish... Es ist sehr wahr, denn so viele Menschen, von so vielen verschiedenen Orten, kommen hierher, um diese besondere Welle zu erleben. Für mich ist es mein Zuhause, ich bin hier aufgewachsen, und trotzdem ist ist der außergewöhnlichste Ort, den ich je kennenlernen durfte. Mark Angulo hat zu mir auch mal gesagt, dass Ho'okipa eigentlich eine schlechte Welle ist. Wenn sie an der North Shore von Oahu liegen würde, hätte sie nicht einmal einen eigenen Namen verdient (lacht)!

Ob man 'Rippt' oder nicht, darf nicht in ein Verhältnis gesetzt werden. Was zählt, ist das Gefühl bei der Sache. Das Gefühl, das man bekommt, wenn man etwas macht, was man liebt. Etwas, das nicht quantifiziert oder auf irgendeine subjektive Weise von einer anderen Person beurteilt werden kann.


Ein vernichtendes Urteil!?
Was ich sagen muss: Völlig zu recht! Ho'okipa ist eher die kulturelle Hauptstadt des Windsurfens. Es ist die Energie, die Geschichte, die Leidenschaft und die Menschen, die es zu dem machen, was es ist. Jaeger Stone kam nach Ho'okipa, um zu trainieren, als ich etwa zwölf war, er war der coolste Windsurfer, den ich je getroffen habe. Er trug sein Trapez super tief, und ich habe mir das von ihm abgeschaut! Jetzt habe ich mich so daran gewöhnt, dass ich das Gefühl habe, vom Trapez erdrosselt zu werden, wenn ich es nicht genau so trage! Allerdings habe ich angefangen, das Trapez von Jeff Henderson (Anm. d. Red.: Der CEO von Hot Sails Maui) zu tragen, und es ist einfach so bequem, dass ich tatsächlich angefangen habe, es wieder enger zu tragen!
Bernd Roediger im Interview: Style in Time
Bernd Roediger im Interview: Style in Time
Bernd Roediger im Interview: Style in Time
Wie gehst du an das Thema Style heran und woher nimmst du deine Inspiration?
An dieser Stelle würde ich mich auf das Gedicht „Style“ von Charles Bukowski beziehen. Ich glaube, dass es meine Auffassung von Style genau trifft.



Um ehrlich zu sein, sind Einflüsse für den Style essentiell, um den eigenen Weg zu finden, woher bekommst dann deinen Input? Eher auf dem spirituellen oder visuellen Weg?
Ich denke, dass diese Frage mehr mit Style zu tun hat, als man erwarten könnte. Sowohl wenn es um Style geht, als auch bei der Spiritualität mag ich das Gewöhnliche nicht. Ich mag es nicht, Glaubenssätze oder Praktiken zu teilen, nur weil alle anderen das so machen. Meistens klammern sich die Menschen nämlich nur deswegen an diese, weil es üblich ist und sie dann einfach mit dem Strom schwimmen können. Etwas Ungewöhnliches zu tun, wird als Style bezeichnet. Glaubt man aber etwas Ungewöhnliches, wird man als verrückt bezeichnet.

Um etwas mit Style zu tun - also etwas Ungewöhnliches - muss man etwas Ungewöhnliches glauben. An sich selbst, an das, was man tut, und daran, warum man es tut. Ich habe bereits gesagt, dass ich glaube, dass Windsurfen eines der wichtigsten Dinge ist, die es gibt. Nicht weil Weltmeister etwas Besonderes sind, sondern weil diese Art des Ausdrucks einzigartig und neu ist und die Welt verändern könnte. Ich glaube nicht, dass viele Leute so darüber denken.
Bernd Roediger im Interview: Style in Time
Bernd Roediger im Interview: Style in Time
Bernd Roediger im Interview: Style in Time
Windsurfen ist deiner Meinung nach also nicht nur ein Sport?
Wir nennen Windsurfen einen Sport, Baseball ist ein Sport. Windsurfen - und Surfen, Skifahren, Klettern, was auch immer - ist das neue Yoga, der neue Kampfsport und eine neue Art von Spiritualität, es wird die Welt verändern! Spirituelle Menschen werden das eines Tages verstehen und sich einer abenteuerlichen Sportart wie dem Windsurfen widmen, und dann vielleicht einen besseren Begriff finden und es nicht nur als „Sport“ betiteln.

Sport ist deiner Auffassung nach scheinbar auch Kunst und wo siehst du den Unterschied?
Kunst ist nicht von Dauer, sie bleibt nirgendwo für lange Zeit. Sie blüht ab und zu, unerwartet, und kann nicht einfach reproduziert werden. Die erste Blume, die auf dem Planeten Erde erblühte, starb allein, in einer Welt, in der Bäume einfach wuchsen, Samen abwarfen, starben und von neuem wuchsen, ohne dass ein Zweck erfüllt wurde. Erleuchtete Menschen scheitern daran, den Weltfrieden oder das universelle Glück unter Millionen von Individuen herbeizuführen, die allein durchs Leben gehen und sterben. Die Kunst, was sie ist und der Grund dafür, dass es sie gibt, ist nicht klar. Das wird sie auch für lange Zeit nicht sein. Aber so wie viele Pflanzen jetzt Blüten zur Verkreuzung hervorbringen, und die Welt deshalb vor Leben wimmelt, werden sich vielleicht auch die einsamsten Menschen der Welt eines Tages gegenseitig verstehen.

Danke für dein Interview Bernd und für diesen tiefen Einblick!

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