Ein Bayer im Norden: Quirin Kraus im Interview

Ein Bayer im NordenQuirin Kraus im Interview

von Mathias Genkel
Zumindest fußballerisch ist im Allgemeinen der Süden Deutschlands doch dem Norden überlegen. Wie sieht es mit den Surfbedingungen aus?
Also ein schlechter Tag in Laboe ist immer noch besser als ein guter Tag in Bayern. Aber eigentlich stimmt das gar nicht. Ich gehe viel lieber in Bayern surfen als in Laboe. Ich mag Laboe gar nicht. Denn das Parken ist nervig, man kann nirgends auf die Toilette und es ist sehr voll und es gibt nicht nur Windsurfer, sondern auch viele Kiter. Die bayerischen Spots haben hingegen ihren eigenen Charme. Man kommt an den Spot, zeigt sich die Bretter, wartet auf die Thermik, die kommt, oder auch nicht... Man trifft sympathische Gleichgesinnte und ratscht (quatschen auf bayerisch, Anm. der Redaktion).

Die Thermik am Walchensee ist aber, zumindest gefühlt, auch immer schlechter geworden. Einige meinen ja, dass das am Wald liegt, der die Berge immer weiter zuwuchert. Es wäre für die Thermik besser, wenn man den Wald abbrennt. Aber das ist natürlich nicht vertretbar (lacht).

Gleiches gilt ja auch für den Gardasee, an dem ich dich 2012 im September in Al Pra kennen gelernt habe. Du hast damals gerade die Powerhalse geübt. Mittlerweile hast du viele Heats beim GFB, unter anderem gegen Anton Munz, gewonnen. Wie bist du so schnell so gut geworden?
Im September 2012 war ich mit einem guten Freund am Gardasee und wir haben uns den ganzen Tag von Dosenravioli ernährt. Ich hatte damals das Ziel die ganzen wilden Tricks zu lernen, die du damals konntest. Das motiviert mich noch heute!

Das stimmt! Ich erinnere mich, wie ich morgens auf den Parkplatz kam und ihr die Ravioli kalt aus der Dose zum Frühstück gegessen habt und alle Türen des Golfs waren offen, um die Feuchtigkeit der Nacht loszuwerden. Das war schon ein krasser Anblick. In Sottomarina war es aber noch krasser, oder?
Ja, hier hatte es fünf Tage lang Dauerregen und 3 Grad Lufttemperatur bei schwarzer Bora (Nordwind, der kalt ist und Regen mitbringt).
Ein Bayer im Norden: Quirin Kraus im Interview
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Was hat dich aber trotz dieser Widrigkeiten motiviert, besser im Windsurfen zu werden?
Letztendlich waren du und ich immer wieder zusammen surfen, haben z.B. Trips an den Mondsee gestartet, um vergeblich auf den dortigen Nebelwind zu warten. Der einzige Trost für 170 km one way war dann der Döner in Salzburg. Aber irgendwie war das trotzdem motivierend. Wir hatten uns sogar eine Jahresvignette und Brenner Maut gekauft um möglichst oft an der Gardasee zu fahren. Auch im Fitnessstudio „BeYou“ von Oli in Penzberg haben wir an windlosen Tagen trainiert. Zusammenfassend würde ich sagen, dass der Aufwand, den ich betrieben habe mich total mitgerissen und motiviert hat.

Ich erinnere mich! Du hast nur Bauch trainiert, weil du im Sommer ein Sixpack für die Strandfigur haben wolltest
Genau! Und wir waren manchmal mehr in der Sauna und am Chillen als an den Geräten! Aber wir haben doch versucht, jeden Windhauch mitzunehmen und ich wurde dann langsam immer besser.

Ich weiß noch, wie ich dir vor einem der legendären Föhnstürme am Kochelsee meinen Patrik Trailer Wave verkauft habe und du dann direkt den Ponch bei 8 Windstärken darauf gelernt hast.
Und nebenbei habe ich auch das Abitur erfolgreich absolviert und dich gefragt, wo man am besten studiert. Du warst gewissermaßen mein Mentor.

Ich habe dir dann vorgeschlagen nach Rostock oder Kiel zu gehen!
Meine Mutter war überrascht, als ich ihr von diesen Plänen berichtete. Sie meinte nur: „Dann eher nach Kiel!“ Dann ist es halt Kiel geworden.

Ja, deine Mutter hat sich noch bei mir „bedankt“. Aber hast du deine Surfskills nur in Deutschland erlernt?
Nein, ich war viel Reisen, zum Beispiel in Griechenland, im Norden der Insel Rhodos, wo sich das Surfcenter von Axel Pielenz befindet. Dort hatte es ein gewisses Flair. Das war fast schon ein Clubfeeling wie im Tennisclub, mit weißen Socken, etc. Ich habe aber schon viele weitere Orte gesehen, den Globus bereist.
Ein Bayer im Norden: Quirin Kraus im Interview
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Und was ist dann dein Lieblingsspot?
In internationalen Gewässern ist das eindeutig Vietnam, also der Spot von Tony Mottus. Dort gibt es eine Lagune, einen Wavespot sowie einen Freestyle-Wavespot an ein und demselben Ort gibt. Dem Wavespot ist ein Riff vorgelagert- Man kann wenn die Wellen zu wild sind, sich in der Lagune ohne Shorebreak entspannen und eine Pause machen. Mein Lieblingsspot in Deutschland ist ganz klar die Schlei. Klar, man kann viele verregnete, deprimierende Tage dort erleben. Aber die einzelnen guten Tage sind die schlechten Tage Wert. Ich liebe den Chop dort. Einzig die Wasserqualität kann manchmal nur so mittelgut sein. Ich mag die Schlei aber auch wegen Henning. (von Jagow, Anm. der Redaktion) Körperlich gesehen ist er mein großes Vorbild. Als ich ihn das erste Mal sah, bin ich direkt auf seine Website Schleistyle aufmerksam geworden und war auch beeindruckt von seinem durchtrainierten Körper. Aber Henning ist ja jetzt weg, in London.

Mit Henning hatten wir einen sehr schönen Trip nach Leucate in Südfrankreich.
Ich weiß es noch. Wir haben dort überlegt, wie ein gutes Surfvideo aussehen könnte: Mathias kauft ein Croissant in der Boulangerie, Henning spricht ein französisches Mädchen an, Quirin scheitert beim Aufbauen des Segels und dann Action: Culo, Kono, Burner - so wie immer halt.

Wie finanzierst du deinen Lebensstil?
Mein Leben ist kein Zuckerschlecken. Meistens habe ich mindestens zwei Jobs. Ich bin froh, wenn ich sonntags mal frei bekomme. Besonders schwierig sind für mich diese Sturmtiefs mit mehreren Tagen Wind am Stück. Man kann dann nicht anders als Surfen zu fahren und die Arbeit staut sich immer weiter, manchmal bis unter meine Decke. Naja, aber im Prinzip macht mir meine Arbeit auch Spaß.

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