Johannes Höfner im Interview: „Unser Sport hat besseres Marketing verdient“

Johannes Höfner im Interview„Unser Sport hat besseres Marketing verdient“

von Mathias Genkel
Stichwort Arbeit - da schaut vieles wirklich so aus, wie man es in unserer Branche noch nie gesehen hat. Bei einem deiner Clips musste ich sogar an computergenerierte Marvel-Movies denken!
Danke, aber so ganz stimmt das nicht. Bei Duotone/Fanatic oder North z. B. sieht man sehr schöne Arbeiten, aber auch kleinere Companies wie Vayu machen da schöne Sachen. 3D-Rendering ist grundsätzlich recht zeitintensiv und damit auf den ersten Blick kostspielig. Wenn man sich die Kosten (und den damit verbundenen CO2-Ausstoß) für ein Shooting anschaut, relativiert sich das ganz schnell wieder. Echte Action auf dem Wasser kann ich natürlich nicht generieren, nicht mal mit KI, aber es gibt sonst wenig Einschränkungen. Du kannst es realisieren, solange du es dir vorstellen kannst. Da Segel, Boards, Kites, Wings usw. am Computer designed werden, liegen die 3D-Modelle sowieso vor und von da aus ist es oft nur noch etwas Fleißarbeit.

Mit Marvel meinst du wohl meine Fliege vom Neilpryde Fly Wing Launch. Darüber lachen sich die Leute von Marvel oder Disney wahrscheinlich schlapp - aber das war mein absolutes Herzensprojekt 2022/23. Da haben wir den gesamten Launch bis auf ein paar begleitende Fotoaufnahmen mit CGI realisiert. Ich hatte da, eigentlich wie immer, alle Freiheiten und konnte mich etwas austoben. Es ist natürlich schon echt eine Erleichterung, wenn das Produkt selbst schon extrem cool ist. Ansonsten versuche ich natürlich, wenn schon Nike nicht bei mir klingelt, einfach das zu machen, was ich gut finde und woran ich Spaß habe. Und ich finde, unser Sport hat einfach ein besseres Marketing verdient.

Was ist dein eigener Lieblings-Surfclip? Welchen Clip von anderen Produzenten und Filmemachern bewunderst du?
Ich glaube, es ist nach wie vor The Windsurfing Movie I und II. Das liegt vor allem an der Hochwertigkeit der Bilder und des Soundtracks - ein einmaliger Vibe, auch wenn alles ziemlich voll von Klischees ist. Poor Boyz beherrschen ihr Handwerk schon sehr solide. Auf Vimeo oder Youtube sehe ich aber auch immer wieder tolle Windsurfportraits, Travel-Clips oder sogar Vlogs, die ich mir komplett durchschaue und feiere! Nico Prien macht da z. B. echt gute und auch massenverträgliche Arbeit!

Bei meinen eigenen Filmen von damals, sind es die, die mit tollen Erinnerungen einhergehen. Ich glaube, dass mein Lieblingsclip nicht einmal veröffentlicht und tatsächlich ein 10 Minuten Non-Stop-Gopro-Clip ist. Der Clip wird wegen des Spots aber besser nicht öffentlich gezeigt. Schlimmster Hawaiian Localism.
Johannes Höfner im Interview: „Unser Sport hat besseres Marketing verdient“
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Was hältst du von 10 Minuten GoPro Videos beim geradeausfahren?
Was für andere sterbenslangweilig ist, kann für einen selbst nochmal die ultimative Erinnerung hervorholen oder wertvolle Infos oder Feelings zeigen. Es kommt immer auf die Zielgruppe an. Als Slalomracer ist es vielleicht ganz interessant, ein Race der Profis mal „komplett mitzufahren“? Ich guck mir sowas an.

Kannst du noch Tipps für ein gelungenes Surfvideo geben?
Es kommt nicht ultimativ auf die tollste neuste Kameraausrüstung an. Das ist nur das Werkzeug. Ein bisschen Erfahrung hilft natürlich immer, aber ein guter Anhaltspunkt ist schon einmal, nicht 100 mal hintereinander dieselbe Sache aus derselben Perspektive zu haben. Als Filmer oder Fotograf solltest du dich ähnlich viel bewegen wie dein Motiv. Versuche so viele unterschiedliche Perspektiven wie möglich einzufangen. Versuche, kreativ zu werden und es dir nicht an einem Punkt für 10 Minuten oder mehr gemütlich zu machen. Probiere ein bisschen Umgebung und Zusammenhang mit einzubringen. Vordergrund (und Hintergrund) macht Bild gesund. Plane deine Shots und vermeide verwackelte Bilder. Ein Stativ o.ä. wirkt Wunder. Dann macht es auch nichts, wenn du nicht über die Move-Palette eines Profi-Freestylers verfügst. Versuche beim Schnitt nur die allerbesten Clips zu wählen. Lass lieber etwas weg. Ein Move muss auch nicht immer komplett von Einleitung bis Ende durchgezeigt werden. Abwechslung hilft!
Johannes Höfner im Interview: „Unser Sport hat besseres Marketing verdient“
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Wie empfindest du die extreme Zunahme von Surfclips? Kann man da noch aus der Masse herausstechen. Und wenn ja, wie? Wie siehst du die Zukunft? Wird KI bald unsere Videos in einer Minute schneiden?
Ich habe früher jeden Windsurf- oder Extremsportfilm nur so inhaliert. Irgendwann ist es einfach so viel geworden. Und wie bei allen anderen, ist auch bei mir die Aufmerksamkeitsspanne extrem gesunken und ich schaue wirklich nur noch Filme mit einer gut erzählten Story oder wenn ich durch den Absender schon weiß, dass sich etwas mehr Mühe gegeben wurde. Ich meide den inflationären Extremsport-Porn mit Kalenderspruchinhalten ŕ la „Leaving your Comfort Zone“ oder „YOLO“.

Es ist superschwer herauszustechen. Ein bisschen schöne Bilder drumherum können da auch helfen. Von Marc Paré bzw. Markus Rydberg habe ich immer wieder wunderschöne Clips gesehen. Das sind so Arbeiten, die natürlich auch durch das Marketing ringsherum rausstechen. Alles andere nehme ich schon gar nicht mehr wahr, auch wenn ich bestimmt total viel verpasse.

KI kann jetzt schon beängstigend viel und ein bisschen Sorge habe ich schon. Richtig gutes Bewegtbild oder Grafik habe ich bis jetzt noch nicht gesehen, aber das wird kommen. Was KI-unterstützte Schnittsoftware angeht, ist das doch eine tolle Sache. Herausstechen wird aber noch eine Weile leidenschaftliche Handarbeit.

Vielen Dank für die wertvollen Tipps und deine Zeit.

Offizielle Webseite von Johannes Höfner: www.weareyard.studio
Johannes Höfner auf Instagram: @lazyjthenewms

Fotos: Neilpryde, Kevin Pritchard, Markus Rydberg, Privat

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