Levi Siver: Weniger Contest, aber besser denn je

Levi SiverWeniger Contest, aber besser denn je

von Jan Wildeman
Hat dieser Schritt deine Karriere als professioneller Windsurfer allgemein verändert und hat es deine Herangehensweise ans Windsurfen generell geprägt?
Im Nachhinein kommt es mir sehr surreal vor, dass dieser Schritt meine Situation verbessert hat, aber ich glaube es hängt damit zusammen, dass ich ohne die Wettkämpfe mehr ich selbst sein konnte und so windsurfen konnte, wie ich persönlich es wollte. Ich war an den besten Spots zur besten Zeit, also einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Hinzu kommt, dass nachdem ich die Tour verlassen habe, die PWA meiner Meinung nach einige gute Spots verloren hat und generell das Konzept verkleinert hat. Man kann das aktuell sehr gut sehen - es gibt nur sehr wenigen Tour-Stops und dann sind es Wettkämpfe in teils sehr ähnlichen Bedingungen wie zum Beispiel Pozo oder Teneriffa. An diesem Punkt bin ich mir dann mehr und mehr klar darüber geworden, dass ich wenn ich daran teilnehmen will und auf gute Leistungen bringen möchte, wirklich sehr viel Energie und Aufwand und eigentlich mein gesamtes Leben in diese Tour stecken müsste. Und ich hatte einfach das Gefühl, dass das was mich als Athlet antreibt, nicht die Teilnahme an der Tour ist.
Levi Siver: Weniger Contest, aber besser denn je
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Im Nachhinein also die richtige Entscheidung für dich?
Ja, ich denke es war für mich persönlich eine der besten Entscheidungen die ich je getroffen habe. Ich habe ein gewisses Risiko auf mich genommen, aber es hat sich ausgezahlt. Ich hatte dann dank meiner Sponsoren die Möglichkeit, meinen Fokus nur noch darauf auszurichten, wann ich an einem bestimmten Ort die besten Bedingungen surfen kann und damit einen Surf-Film produzieren kann. Ich würde behaupten, dass mein Level im Windsurfen in dieser Zeit auch noch einmal besser geworden ist, da ich mit so viel Energie und Antrieb dabei war und immer noch bin. In dieser Zeit habe ich außerdem sehr viel über Marketing bei Firmen wie Red Bull gelernt (lacht). Also insgesamt habe ich diese Entscheidung auf keinen Fall bereut. Natürlich vermisse ich das Miteinander auf der Tour mit den anderen Athleten. Es ist etwas Besonderes, mit den besten der Welt zusammen Erinnerungen zu kreieren.

Was waren die Gründe, dass du zuletzt des Öfteren an Wettkämpfen der International Windsurfing Tour teilgenommen hast? Liegt das am Format der Tour und den doch sehr unterschiedlichen Spots?
Es gibt verschiedene Gründe. Zu Beginn, also nachdem ich aufgehört hatte, an PWA Events teilzunehmen, hatte ich die IWT (International Windsurfing Tour) gar nicht so richtig auf dem Zettel. Es waren immer sehr kleine Wettkämpfe und wenige Topfahrer. Mit der Zeit hat sich das jedoch verändert. Mittlerweile fahren wirklich viele gute Windsurfer mit, das Level ist deutlich gestiegen. Außerdem haben Leute wie Francisco Goya mich seit Jahren versucht zu überreden, mal an den IWT Wettkämpfen teilzunehmen. Es hat mich dann mehr und mehr inspiriert und motiviert, an diesem sich stetig verbessernden Konzept mitzuwirken und als dann auch Leute wie Marcilio Browne oder Morgan Noireaux regelmäßig an den Events teilgenommen haben, hatte ich auf immer mehr Lust auf die IWT. Es sind meistens sehr andere Bedingungen und Spots als solche, die man von der PWA Tour kennt. Oft gibt es schräg ablandigen Wind und sehr saubere Down the Line Bedingungen. Trotzdem gibt es auch einige Spots, an denen es mehr um das Springen geht, wie z.B. Pistol River (Oregon, USA). Es gibt einfach eine sehr hohe Diversität nicht nur an Spots sondern auch an Teilnehmern. Ich finde es immer sehr symbolisch, dass es auf der PWA Tour eigentlich keine Spots gibt, die in der Regel bei Wind von rechts funktionieren. Das ist auf der IWT anders.
Levi Siver: Weniger Contest, aber besser denn je
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Sollte sich die PWA reformieren und diverser werden, um attraktiver zu werden?
Das ist eine gute Frage. Ich habe insgeheim immer gehofft, dass die PWA und die IWT sich vielleicht irgendwann einmal zusammenschließen würde, um das Beste aus beidem auf einer größeren Tour zu kombinieren. Das wäre wirklich spannend und ich glaube auch sehr gesund für den Sport. Außerdem glaube ich, dass viele der Fahrer sehr begeistert davon sein würden. Selbst die Fahrer, die aktuell die PWA dominieren, weil sie eben so besonders stark und konstant bei Wind von links und oft in schwierigen und auflandigen Bedingungen fahren surfen, würden das spannend finden. Diese Surfer sind sehr motiviert und von ihrer Herangehensweise komplett auf Wettkämpfe ausgerichtet, ich bin mir sicher, die würde diese Herausforderung lieben. Ich würde zumindest sehr gerne mal ein oder zwei Jahre einen etwas volleren Wettkampf-Kalender sehen. Ich denke, dann würde sich das Ranking auch ein bisschen durchmischen.

Was denkst du im allgemeinen über die Zukunft des professionellen Windsurfens? Wenn man die aktuelle Situation mitsamt Pandemie bedenkt, in der Athleten und auch Sponsoren kaum Möglichkeit haben, sich und ihr Material auf Wettkämpfen zu vermarkten, kann man durchaus einmal darüber nachdenken, wie es in Zukunft weiter gehen soll, oder?
Ja, es ist auf jeden Fall eine schwierige aber auch spannende Situation. Ich glaube, es würde dem Sport gut tun, wenn es in der Zeit nach Corona mehr Wettkämpfe an, sagen wir mal ikonischen Orten geben würde und natürlich allgemein mehr World Cups. Ich habe mir erst vor kurzem wieder Videos aus Fiji angeschaut und mir gedacht, wie toll es wäre dort noch einmal einen World Cup abzuhalten. Ich bin davon überzeugt, dass der Sport wieder attraktiver wird, wenn ein PWA Weltmeister auch in den allen verschiedenen möglichen Bedingungen wie ein Weltmeister surft. Um sich Weltmeister nennen zu dürfen, sollte man mehr World Cups gewinnen können und verschiedene Herausforderungen meisten müssen. Auf der andere Seite weiß ich auch, dass die Organisatoren der PWA wirklich ihr Bestes geben, also soll das weniger als Kritik, sondern mehr als Anregung verstanden werden. Ich persönlich fände es einfach auch echt spannend, dann Teil von solchen Reformen zu sein und vielleicht durch eine Wildcard sogar aktiv daran teilnehmen zu können. Zusätzlich glaube ich, dass ein professioneller Windsurfer nicht nur auf Wettkämpfe fokussiert sein sollte, um sich eine Karriere aufzubauen. Man braucht nicht alle 12 Monate des Jahres für die Tour und hat somit reichlich Zeit, an Filmprojekten und Ähnlichem zu arbeiten. Ich glaube, dass dies immer wichtiger werden wird, dass Surfer lernen, sich selbst vermarkten.

Was wird dein erstes Reiseziel sein, sobald Surftrips wieder möglich sind?
Auf jeden Fall Baja in Mexiko. Ich vermisse die Wüste dort und die sauberen langen Wellen, die Lagerfeuer am Abend und den atemberaubenden Sternenhimmel. Es ist ein so isolierter Ort mitten im Nichts und das macht es als Windsurf-Destination so spannend für mich. Mal davon abgesehen, dass es dort sehr viel Wind gibt.

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